Dass Fußball ein Fehlerspiel sei, sagte der Trainer des HSV, Tim Walter, nachdem seine Mannschaft gemeiner Weise mit 0:2 verloren hatte und auf den ach so beliebten Relegationsplatz 3 zurückfiel.
Wenn dem so ist, müsste Hertha BSC eigentlich Meister werden, da die blauweißen das Fehlermachen so gut beherrschen, wie keine andere Mannschaft der Bundesliga. Auf Schalke haben sie sich dabei noch übertroffen: Die Fehler im Abwehrverhalten, beim einfachen Passspiel ohne Bedrängnis, im Spielaufbau, bei der Ausführung von Standardsituationen (selbst von Einwürfen!) und auch beim Versuch, das Tor zu treffen, waren so unglaublich überzeugend, dass selbst ein vormaliger Tabellenletzter nicht anders konnte, als fünf Tore zu erzielen. Dass Hertha trotz des teilweise desolaten Auftretens zumindest in der ersten Halbzeit auch hätte führen können (zwei Pfostentreffer von Jovetic), sagt eigentlich alles über Schalkes (Nicht-)Stärke. In der zweiten Hälfte, in der die Mängel einfach überhand nahmen, ging dann kaum noch etwas, wobei man den meisten Spielern mangelnden Willen und Einsatz nicht absprechen möchte. Ein nimmermüder Kämpfer wie Richter, der ausschließlich Fehlpässe produzierte, versuchte viel, erzielte auch ein Tor und ging blutend mit unter. Apropos Blut. Warum Schiedsrichter Dr. Brych den Schalker Spieler, der nach dem 2:4 Richter einen Cut verpasste, nach dem auch ein Schwergewichts-Boxkampf abgebrochen worden wäre, nicht vom Platz stellte, ja sich nicht einmal entblödete die Situation nachzuvollziehen (es soll die Möglichkeit einer Videoüberprüfung geben!) kann nur als absichtliche Benachteiligung interpretiert werden. Dass zwei Minuten später ein Schalker Spieler dem am Boden liegenden Lukebakio direkt vor dem 4.Offiziellen mit dem Knie im Gesicht traf, ohne Gelb oder Rot zu erhalten, passt in dieses Bild. Es hätte ja in den (mit Nachspielzeit) verbleibenden fast 15 Minuten noch etwas passieren können, nämlich dass Hertha trotz unterirdischer Teilleistungen einen Punkt aus Gelsenkirchen mitnimmt. Da sei Dr. Brych vor!
Und jetzt ist an allem mal wieder der Trainer Schuld? Sandro Schwarz hatte Hertha in der Hinrunde nach (gefühlt) langen Jahren so etwas wie Spielkultur beigebracht. Außer dem Spiel gegen Union gab es bis zur Katar-Pause nur gute bis sehr gute Auftritte, auch auswärts, mit einem Manko: Es wurden zu wenig Punkte gesammelt. Ob der Schiedsrichter Schuld war (Handspiel von Leverkusen auf der Torlinie nicht geahndet = zwei Punkte weg), Unkonzentriertheit dazu kam (in Stuttgart und Mainz in der Nachspielzeit Tore zu Niederlage bzw. Unentschieden kassiert = 3 Punkte weg) oder Pech (Nachspielzeit in Leipzig: Pfostenschuss = 1 Punkt weg) und, und und…: Viele Punkte wurden verschenkt oder gestohlen. Und nach der WM-Pause? Alles wie nie dagewesen: Schwankende Leistungen und ganz wenige Erfolgserlebnisse. Der Trainer erreicht die Mannschaft nicht mehr? Kann sein, wir stecken nicht drin. Schuld ist er an den oben beschriebenen individuellen Aussetzern jedenfalls nicht. Schade. Vielleicht hätte man sich ein Beispiel an Freiburg nehmen und mit Schwarz in die Zweite Liga gehen sollen. Aber das ist wohl nur in Freiburg möglich.
Nun also der ewige Pal. Aber ob er in sechs Spielen das Abwehrverhalten einiger Akteure wirklich verändern kann? Da sind Zweifel angebracht. Ein richtiger Schritt auf dem langen „Berliner Weg“, der ja alle nur erdenkliche Unterstützung verdient, ist es allemal…