Es gibt ja für alles und jeden Quatsch Datenbanken, in dem das Fußballspiel der oberen Ligen mit Hilfe der Chips, die jeder Fußballer mit sich herumschleppt (bald hat laut klugen Querdenkermenschen jeder Geimpfte so einen Chip aus der Spritze bekommen) bis ins kleinste Detail auseinandergenommen und analysiert werden kann. Aber gibt es auch eine Datenbank, die die Wechsel in der Aufstellung von Spiel zu Spiel darstellt? Ich habe davon noch nie gehört, wage aber die Behauptung aufzustellen, dass es in der Geschichte der Bundesliga seit 1963 noch nie einen Wechsel von neun Spielern innerhalb von drei Tagen gegeben hat! Herthas Trainer Dardai hat, zur Überraschung selbst seines Trainerteams, im Spiel gegen Freiburg aus der Not eine Tugend gemacht, aus dem Vollen geschöpft und bis auf Guendouzi und Torwart Schwolow die „Ersatzmannschaft“ antreten lassen. Das hat sich ja nicht mal Sepp Herberger 1954 bei seinem genialen Schachzug gegen Ungarn getraut, als er vor dem Entscheidungsspiel gegen die Türkei die wichtigsten Spieler schonte und die Ungarn in weiser Voraussicht, falls man sich (im Finale) noch mal treffen sollte, in Sicherheit wiegen wollte. Das Ergebnis ist bekannt: Deutschland verlor 3:8, wurde von den zehntausenden deutscher Schlachtenbummler in Basel gnadenlos ausgepfiffen, gewann ausgeruht das Entscheidungsspiel und war zwei Wochen später Weltmeister.
Hertha kann zwar nicht Weltmeister werden und verlor auch nicht 3:8, sondern besiegte Freiburg, weiß Gott kein Laufpublikum, mit 3:0 und hat damit das erste Ziel in der Quarantäne-Aufholjagd erreicht. Pekarik, Torunarigha, Ascacibar, Piatek, Boyata und vor allem Radonjic spielten nicht, als wenn sie wochenlang nicht oder vor der Quarantäne nur sporadisch zum Einsatz gekommen wären, sondern ballsicher und souverän, als wenn sie eine seit drei Jahren kontinuierlich gewachsene Mannschaft wären. Betonung auf Mannschaft!
Besonders Radonjic, der bisher, außer in seinem ersten Spiel gegen die Bayern, hauptsächlich durch Unlust aufgefallen war, spielte wie von einem anderen Stern. Wie er seine Gegenspieler vor dem zweiten und dritten Tor stehenließ, hatte Extraklasse und ließ schon eine Spur Mitleid mit den hinterherhechelnden Freiburgern aufkommen.
Dardai hat viel gewagt und alles gewonnen. Wenn jetzt gegen Bielefeld gewonnen werden würde, dürfte der Abstieg zu 70 % vermieden werden können. Erst bei Siegen auch gegen Schalke und vor allem Köln ist ein Ligaverbleib aber in trockenen Tüchern.
Und wenn das passiert, müsste es doch möglich sein, in der nächsten Saison mit diesem Kader, der kaum noch ergänzt werden muss, weil so viel individuelle Klasse da ist, mindestens in der oberen Hälfte der Tabelle mitzuspielen.