“Neue Besen kehren gut” ist ein bekanntes Sprichwort, das ich mir mal zu Herzen nehmen müsste, wenn ich auf das verfilzte Etwas von Besen in unserer Kammer sehe. Dass auch neue Trainer „gut kehren“, das heißt, einen Aufbruch bewirken können, ist statistisch, was die Bundesliga angeht, längst widerlegt worden. Kurzfristig vielleicht, aber mittel- und langfristig gibt es nur in Ausnahmefällen einen Turnaround (Lucien Favre war so ein Trainer, der auch langfristig völlig Neues schaffen konnte), weil die Spieler, die auf dem Rasen stehen, ja die selben sind.
Womit wir beim Thema Nationalmannschaft wären: Ein Süle ist kein Außenverteidiger, ein Gosens hat, bei aller Offensivpower, die er an guten Tagen einbringt, defensive Schwächen. Um die Hauptbaustellen nur kurz anzureißen. Und was man mit einem Kimmich und einem Neuer machen soll, wenn sie gesundheitlich wieder zur Verfügung stehen, bleibt rätselhaft.
Insgesamt hat sich die Nationalmannschaft auf ihrer USA-Reise gut geschlagen. Der Einsatz stimmte, die Spiele waren temporeich und es wurden ausreichend Torchancen kreiert. Denn es ist ja nicht so, wie einige Spieler, z.B. Kapitän Gündogan, nach der vernichtenden Niederlage gegen Fußballgroßmacht Japan in falscher Demut andeuteten, dass deutschen Spielern die Qualität fehle. Die Qualität, vor allem im Mittelfeld (Gündogan, Kimmich, Groß, Goretzka, Wirtz, Brandt…) und im Angriff (Füllkrug, Sané, Musiala…) ist natürlich da, sie muss nur auf den Platz gebracht werden. Und das wird in Zukunft, wenn der erste Neuer-Trainer-Effekt verraucht ist, nicht immer geschehen, wie auch in den letzten Jahren nach der WM in Brasilien. Und wie übrigens auch in früheren Jahrzehnten. Auch Herberger wurde stark kritisiert, als es nach der WM 1954 Niederlagen in Serie gab. Helmut Schön musste sogar beim WM-Gewinn 1974 viel Schelte einstecken, und auch unter allen folgenden Trainern (Derwall, Vogts, Beckenbauer, Ribbeck, Völler, Klinsmann und Löw) gab es stets Phasen, in denen das Spiel unansehnlich war. Zu Heute ( seit der Russland-WM) gab es einen Unterschied: Die Ergebnisse stimmten meist und bis auf 1978, wo man knapp am Spiel um den dritten Platz vorbeischrammte (Krankl sei Dank) war man bei Welt- und Europameisterschaften regelmäßig zumindest im Viertel- oder Halbfinale vertreten.
Ob das bei der Heim-EM 2024 unter Trainer Nagelsmann auch wieder so sein wird, ist fraglich. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde jedenfalls getan. Ob das alles nachhaltig sein wird, werden wir in ca. neun Monaten wissen…