Salomon Kalou kam in der Saison 2014/15 zu Hertha und fast jeder dachte, dass sich da jemand für viel gutes Geld ein, zwei Jahre aufs Altenteil legen wird. In der Mitte seiner sechsten Saison bei Hertha hat Kalou 152 Spiele für die Blauweißen absolviert, was Platz 35 von über 450 eingesetzten Spielern seit 1963 bedeutet und 48 Tore geschossen. Das ist in der Hertha-Rangliste immerhin Platz 5 hinter Preetz (84), Beer (83), Horr (75) und Marcelinho (65) und vor Pantelic (45), Hermandung und Granitza (je 34). Natürlich war Kalou nie der Schnellste, obwohl er, wenn er wollte, jeden Außenverteidiger abhängte. Zu Kopfballduellen im Mittelfeld stieg er grundsätzlich nicht hoch, aber wie er in Leipzig beim großen 3:2-Sieg in der Luft stand und eine Flanke versenkte, bleibt unvergessen. Selbst stürmende Außenverteidiger verfolgte er bis zur eigenen Eckfahne, wenn es denn unbedingt sein musste. Und wenn Hertha das seltene Glück hatte, einen Elfmeter zugesprochen zu bekommen? Man konnte seinen Puls schon mal runterfahren, wenn Salomon Kalou sich den Ball zurechtlegte: In der Nachspielzeit in Wolfsburg vom Punkt den Siegtreffer erzielt und überschäumende Euphorie entfacht, in Freiburg nach seinem einzigen Fehlschuss zehn Minuten später den Ball wieder zu fordern und dann zu versenken: Dardai bescheinigte ihm Eier. Wie wahr.
Jetzt darf er sich einen neuen Verein suchen und auch wenn er in dieser Saison nur noch selten zum Einsatz kam, ist jeder Herthaner doch auch ein bisschen traurig. Ist dieser Abgang der neue Stil bei Hertha?
Natürlich zählt in der Bundesliga, in der selbst durchschnittliche Kicker im Laufe ihrer Karriere Millionen verdienen, nur das Gesetz der Leistung. Und Jürgen Klinsmann, der selber mal eine Tonne zertrat, weil er das Leistungsprinzip nicht akzeptieren wollte, setzt dieses gnadenlos durch. Betonung auf gnadenlos. Um die Ziele seines Herrn und Meisters zu erreichen, nämlich mittelfristig in der Champions League zu spielen (und Meister zu werden), wobei die Frage erlaubt sei, wie lang mittelfristig ist, werden in kürzester Zeit alle Tugenden und Leitlinien des Vereins über den Haufen geworfen: Die eigene Jugend in die Bundesligamannschaft einzubauen und Kontinuität im Spielerkader als wichtiges Element der Identifikation von Fan und Verein zu wahren. Davon kann momentan keine Rede mehr sein. Wenn Klinsmann in einigen Jahren als Trainer oder Aufsichtsratsmitglied mit der Schale durch das Brandenburger Tor fährt oder läuft, hat er alles richtig gemacht. Wenn die Windhorst-Millionen in zwei Jahren aber verbrannt sind (siehe HSV, Stuttgart…) und der Verein mit einer Truppe von Söldnern (das sind zwar auch jetzt schon alle Spieler, aber nicht alle fühlen sich so) den Abstieg nicht verhindern kann, weil die Spieler das Kämpfen verlernt haben…dann hat Klinsmann alles falsch gemacht. Wir verfolgen die Sache gespannt und nehmen keine Wetten an, wie sie ausgeht…