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Endet Herthas Erfolgsserie in Dortmund?

Zum Beantworten der Frage schaut man natürlich zuerst mal in der Statistik nach: In 72 Duellen gewannen die Dortmunder 35 Mal, bei 18 Unentschieden und 19 Hertha-Siegen. Gerne erinnert sich der Hertha-Fan gesetzteren Alters an den 9:1 Rekordsieg Herthas am 18.4.1970, als die alte Dame bei Halbzeit schon 6:0 führte. Bedauerlich nur, dass es nicht zweistellig wurde. Aber auch in jüngerer Vergangenheit ist das Spiel des Torhüters Gersbeck im Gedächtnis, als der junge Ersatzmann nach sieben Minuten bei Reus` 1:0 patzte, um danach der Mann des Spiels zu werden. Ramos und kurz vor der Pause Sami Allagui schossen Hertha zum Sieg. In den letzten 10 Spielen gab es aber nur noch einen weiteren Sieg, vier Mal spielte man Unentschieden und fünf Mal gewann die Borussia, wenn auch z.B. oft knapp, wie beim Hinspiel (dem ersten Klinsmann-Spiel), das Dortmund nur wegen eines nicht anerkannten, eigentlich korrekten Tores von Davie Selke gewann.

Statistisch gesehen hat Hertha also nur eine geringe Chance zu gewinnen.

Wie sieht denn aber die Nach-Corona-Bilanz aus?

Hertha hat dreimal gewonnen und einmal unentschieden gespielt, bei 11:2 Toren. Dortmund hat ebenfalls dreimal gewonnen, aber einmal verloren, allerdings gegen Weltklasse-Bayern. Das Torverhältnis von 12:2 entspricht fast genau dem von Hertha. Vom 6:1 in Paderborn sollte man sich jedoch nicht blenden lassen, der Sieg war 70 Minuten nicht in trockenen Tüchern und schwer erkämpft.

Unklar ist, wie die mentale Verfassung der Spieler ist. Die Herthaner befinden sich zweifellos im siebten Nichtabstiegshimmel, während die Dortmunder nach vergeigter Meisterschaft die Champions-League-Teilnahme auf Sparflamme nach Hause fahren möchten, allen Beteuerungen vom Gasgeben zum Trotz. Hier liegt der mögliche Vorteil für die Blauweißen. Außerdem könnte es zumindest kein Nachteil sein, dass statt der 80.000 nur etwas mehr als 300 Zuschauende im Stadion sein werden. Von 37 Spielen nach Corona gab es 19 Auswärtssiege, 10 Unentschieden und nur 8 Heimerfolge. Den Heimvorteil gibt es ohne Zuschauer offensichtlich nicht mehr.

Fazit: Wer den Leipziger Tempofußball im Keim ersticken kann, hat auch das Potenzial, dem Vizemeister in spe Widerstand zu leisten. Ob dann wirklich ein Unentschieden oder gar ein Sieg herausspringt, ist von so vielen Zufällen abhängig (30 % Glück laut Dardai), dass eine seriöse Prognose nicht möglich ist. Wundern würde man sich aber über janüscht mehr…

Der neue Besen

Neue Besen kehren gut, sagt man ja im Allgemeinen und wenn Bruno Labbadia nicht aus dem Hessischen sondern aus dem Württembergischen käme, könnte man noch irgendeinen Spruch mit der Kehrwoche konstruieren. Aber auch so bleibt der Respekt vor einer Leistung in den ersten beiden Spielen unter Labbadias Leitung, die ihm und der Hertha-Mannschaft kaum einer zugetraut hätte. Und wenn die ersten jetzt schon wieder vom Europapokal fabulieren, ist das eben typisch Berliner Großschnauze. Ähnliches gibt es sonst wohl nur in Köln, wo man nach einer gewonnenen Zweitligapartie-Halbzeit, garniert mit drei, vier Kölsch, auch beginnt, sich über den Vorverkaufstermin für die Champions-League auszutauschen.

Bleiben wir bei Bruno Labbadia: Als Spieler zwischen 1984 und 2003 bei acht Vereinen (Paderborn, HSV, Kaiserslautern, Bayern, Köln, Werder, Bielefeld und KSC) in der ersten und zweiten Liga unterwegs, schoss er in 557 Spielen 203 Tore. Keine schlechte Bilanz. Zwei Länderspiele ohne Tor runden die Statistik ab. Er ist der einzige Spieler, der sowohl in der ersten als auch in der zweiten Liga mehr als 100 Tore erzielte.

Als Trainer arbeitete er seit 2003 bei Darmstadt, Greuther Fürth, Leverkusen, HSV, Stuttgart, wieder dem HSV und Wolfsburg, ehe er zu Hertha kam.

In der ersten Liga spielte und trainierte er somit bei neun Vereinen, was ihn zum alleinigen Rekordhalter machte. Ob diese Unstetigkeit für oder gegen ihn spricht, bleibt abzuwarten. Immerhin war er als Spieler zwei Mal Meister (mit Kaiserslautern und den Bayern) und mit Kaiserslautern auch DFB-Pokalsieger. Auch als Trainer erreichte er mit Leverkusen und Stuttgart das Finale in Berlin. Nur hoffnungslose Optimisten behaupten deshalb, dass Hertha 2021 zwangsläufig ins Endspiel im Olympiastadion einziehen muss.

Am Mittwoch spielt Hertha in Leipzig bei den Rasenballsportlern. Man sollte nicht so vermessen sein zu glauben, dass die Serie Bestand haben wird. Denn das hieße ja nicht nur ein Sieg im Zentralstadion, sondern nach dem 3:0 gegen Hoffenheim und dem 4:0 gegen Union noch ein 5:0 dranzuhängen. Wahrscheinlicher ist da schon ein 0:5 wie im Vorjahr, als auch hartgesottene Anhänger den Ort des Grauens nach 60 Minuten fluchtartig verließen. Wenn Bruno seine Mannschaft so einstellt, dass sie einen Punkt erkämpft, wäre das schon eine Sensation. Denn merke: Noch fehlen zwei Siege, um die Abstiegsgefahr endgültig zu bannen. Und alle freuen sich doch jetzt schon auf ein Relegationsduell Werder Bremen gegen den HSV, das den armen Hamburgern auch ein drittes Jahr in Liga zwo ermöglichen würde…

Der kluge Salomon

Kurz bevor die Saison in der Fußball-Bundesliga fortgesetzt wird, läuft Salomon Kalou Amok. Denken zumindest alle, bzw. sollen alle denken. Aber dass ein erwachsener Mensch so blöd ist und nicht darüber nachdenkt, dass er mit seinem absurden Video seinem Verein schaden könnte, ja, die gesamte Saisonfortsetzung gefährden könnte: Das glaubt doch keiner! Der kluge Salomon, dessen gleichnamige Urteile ja schließlich sprichwörtlich sind, hat sich natürlich etwas bei seiner Aktion gedacht:

  • Die Saison wird nicht fortgesetzt, weil Fußballer, wie jetzt auch der letzte Politiker erkennen muss, eben nicht in der Lage sind, sich an Regeln zu halten, was jeder Schiedsrichter schon immer wusste. Dann kann der kluge Salomon, der sowieso keinen neuen Vertrag bei Hertha nach dem 30.6. bekommen wird, weil er ja keinerlei Mehrwert generiert, früher in die Heimat, wo immer das sein mag, zurückkehren. Alternativ dazu könnte er in Afrika mit seinen Millionen Gutes tun und Corona bekämpfen. Natürlich unter strengster Einhaltung aller Hygiene- und Abstandsregeln.
  • Nebeneffekt eines Saison-Abbruchs wäre die Tatsache, dass sein Leib- und Magenverein Hertha BSC, zu dem er spätestens seit der kurzen aber wirkungsmächtigen Klinsmann-Ära (wenn man bei neun Wochen von einer Ära sprechen will) ein sehr inniges Verhältnis hat, nicht absteigen würde, was angesichts der hochkarätigen Restsaison-Gegner gar nicht so unwahrscheinlich wäre. Guter Mann, der Kalou.
  • Wenn die Saison trotzdem fortgesetzt werden würde, würde Salomon seiner realistischen Einschätzung nach, sowieso kaum noch eine Rolle spielen und die zehn Abschiedsminuten im letzten Heimspiel wären ohne Fans im Stadion nichts wert. Also kann man auch gleich seinen Abschied feiern und sich die Anstrengung im Training sparen, vor allem, wenn man nicht mehr der Jüngste ist.
  • Wenn die DFL Hertha wegen der Verstöße vom klugen Salomon sanktionieren würde (zehn Punkte Abzug müssten für den Abstieg eigentlich reichen) und die Schalker, die sich ja als alte Bergmänner mit Sicherheit auch stets mit Handschlag und Umarmung begrüßen, nicht, könnte man wieder mal die Märtyrer-Rolle einnehmen, was wir bei Hertha schon längere Zeit nicht mehr erleben durften.

Es gab also mehr als einen Grund für den klugen Salomon, sein Video ins Netz zu stellen, auch wenn die Reaktionen aus Politik, Gesellschaft und Sport etwas zurückhaltend waren. Da hätte man schon mit ein bisschen mehr Empörung rechnen dürfen. Trotzdem: Respekt vor Salomon Kalouuu…

Warum floh Klinsmann wirklich?

Mitte Februar verließ Jürgen Klinsmann Hals über Kopf seinen Verein, kurz bevor dieser die Champions-League-Qualifikation geschafft hatte. Was damals niemand ahnte, jetzt aber sonnenklar auf der Hand liegt, ist die Tatsache, dass Klinsmann nicht wegen angeblicher Differenzen mit seinem Kumpel Micha Preetz das Weite suchte, sondern die heranrollende Corona-Pandemie der Grund war. Es gibt eben Menschen, zu denen Jürgen „the wise light“ Klinsmann zweifelsfrei gehört, die etwas mehr Durchblick als der biedere Normalbürger haben. Man entdeckte zwar erst Anfang März die ersten Corona-Infizierten in Berlin, aber wer eins und zwei addieren kann (oder, damit es sich leichter rechnet: eine und zwei Millionen Euro), wusste, dass die Machtübernahme von Corona nur eine Frage der Zeit war. Natürlich hatte Klinsi keine Angst vor eventueller Ansteckung, obwohl er ja altersmäßig von der besonders gefährdeten Gruppe nicht mehr allzu weit entfernt ist. Nein, es war die Abneigung gegen das wochenlange Nichtstun und die stornierten USA-Heimflüge, bei gleichzeitig weiter fließenden Millionen, die ihn, bescheiden wie er nun mal ist, die Reißleine ziehen ließen. Wir ziehen also den Hut vor „Uns Jürgen“, der dem Verein unnötige Ausgaben ersparen wollte. Aber dass Undank der Welt Lohn ist, kennt man ja schon aus der Bibel.

Dass Klinsmann die Corona-Pandemie selber aus seinem Weihnachtsurlaub nach Europa eingeschleust hat, wäre der Spekulation vielleicht etwas zu viel, aber man weiß ja nie…

Und was machen wir nun mit dieser verkorksten Saison?

Die Vereine wollen sie auf jeden Fall beenden, um die ausstehende dreiviertel Fernseh-Milliarde nicht zu gefährden. Verständlich. Geisterspiele sind zwar nicht schön, aber immerhin Spiele. Und wenn die Zeit im Mai und Juni (oder vielleicht auch im Juli) trotz etlicher englischer Wochen nicht ausreichen sollte? Den jetzigen Stand werten, verbietet sich, da wären ja die Bayern kampflos Meister. Allerdings stiege Hertha nicht ab, hätte also auch sein Gutes, der Vorschlag. Wenn alle Stricke reißen, könnte man sich ja auf Elfmeterschießen statt der Spiele einigen. Sportlich fairer als Saisonannullierung oder gar Losen wäre das allemal. Distanz ist reichlich vorhanden, geduscht werden muss auch nicht und man könnte locker zwei Spiele am Tag (vormittags und nachmittags) bestreiten. Abendshootout verbietet sich, da könnten die Spieler ja gar keinen Alkohol mehr trinken. Und ein bisschen Freude im Leben muss es ja auch in Corona-Zeiten noch geben…

Kurzarbeit Null und die Großzügigkeit der Profis

Die Spieler von Juventus Turin aus Italiens Serie A haben gerade wegen der Corona-Krise auf vier Monatsgehälter verzichtet, was 90 Millionen Euro ausmacht. Wer die Grundschule länger als bis zur dritten Klasse besucht hat erkennt glasklar, dass die Spieler somit 270 Millionen Euro im Jahr verdienen, bzw. erhalten. Bei angenommenen 27 Spielern im Kader ergäbe das ein Durchschnittsgehalt von 10 Millionen per anno. Auch wenn es bei vielen finanziell etwas eng werden sollte, müssen die meisten Spieler nicht sofort ihre Lebensmittel bei der Tafel abholen. Wenn es doch nötig werden sollte, kann man sich durch die Schutzmaske zum Glück relativ gut tarnen. Trotzdem: Wenn die 90 Millionen für die Gehälter der Club-Bediensteten bereitstehen würden, könnten sich einige Familien weiter abends eine Flasche Rotwein leisten.

Gehen wir nach Deutschland: Dortmunds Kader verdient nach mehr oder minder offiziellen Angaben 150 Millionen Euro pro Jahr, d.h., diese (aus Juventus-Sicht) Hungerleider erhalten nur ca. fünf Millionen im Durchschnitt. Auch wenn man davon nicht wirklich gut leben kann, müssten die Spieler entsprechend dem italienischem Vorbild immerhin 50 Millionen in den Topf werfen. Davon könnten 50 Angestellte je eine Million im Jahr erhalten oder 500 Bedienstete je 100.000 Euro. Dann bekämen auch der Ticketverkäufer oder der Ordner am Eingang mal etwas mehr als den Mindestlohn. Und da man ja die Leute nicht verwöhnen soll, könnten überschüssige Beträge auch für soziale Zwecke oder den Amateurfußball verwendet werden. Der Phantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt.

Die Sache hat nur den kleinen Haken, dass zwar von vielen Spielern (zuerst von Borussia Mönchengladbach und Unions Torwart Giekiewicz) die Bereitschaft zum Gehaltsverzicht kundgetan wurde, bisher aber von niemandem auch nur ansatzweise eine Zahl (in Prozent oder absoluter Höhe) genannt wurde. Die 2,5 Millionen Euro der Nationalspieler lassen da Schlimmes befürchten. 100.000 Euro je Spieler ist zwar für den Normalverdiener fast wie ein Sechser im Lotto, für die Profis aber gerade mal ein Wochengehalt.

Glaubwürdigkeit bekämen alle Großverdiener in der Bundesliga (also auch Trainer und Manager) erst, wenn sie das Gehalt für die gesamte Dauer der spielfreien Zeit spenden würden, denn dass man für Trimm-dich-Radfahren in der eigenen Villa Geld bekommen soll, ist ja wohl kaum einem Fan zu vermitteln.

Dann, und nur dann, könnte der Dauerkartenbesitzer aus Solidarität mit seinem Verein auch darauf verzichten, den Geldanteil für die nicht im Stadion gesehenen Spiele zurück zu erhalten.

 

Noble Bayern in der Corona-Krise?

Alle Dinge haben zwei Seiten: Das Bier schmeckt am Abend so gut, der Kater am nächsten Morgen fühlt sich so schlecht an. Alles blüht in der Natur, der Allergiker verdammt die Pollen und bekommt keine Luft mehr.

Auch Corona hat nicht nur schlechte Seiten: Viele tausend Kranke und einige hunderttausende, die noch dazu kommen werden (von Toten mal ganz zu schweigen) und andererseits ein Sonnabend ohne Stress im Stadion und danach Gehetze zur Sportschau. Herrliche Entschleunigung. Jetzt genau säße ich im Stadion und würde dem hochgepushten Derby entgegensehen, von „fiebern“ wollen wir in diesen Zeiten nicht reden. Übersteht Hertha mal die ersten zehn Minuten ohne zwei bis drei Gegentore? Haben die Spieler Lust Stadtmeister zu werden oder haben sie die erbärmliche Nichtleistung aus dem Hinspiel in Köpenick schon verdrängt? Nein, ich kann auf diese Fragen gut verzichten. Von mir aus ist die Saison ab sofort beendet. Vorteile? Hertha steigt nicht ab. Und der HSV darf sich noch ein Jahr in der besten zweiten Liga der Welt ausruhen.

Ganz so absurd sind diese Gedankenspiele nicht, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Glaubt jemand ernsthaft, dass die Saison noch beendet werden kann? Man benötigte mindestens fünf Wochen, um in mehreren englischen Wochen die neun Spieltage zu absolvieren. In China gibt es jetzt nach mehr als drei Monaten keine Neuinfizierten mehr.  Auf Deutschland übertragen wäre das Anfang Juni. Aber wir sind nicht China. Bei uns gibt es noch Öffentlichen Nahverkehr als Hauptansteckungsquelle und die Partygänger sind auch noch am Feiern. Also dauert die eingeschränkte Zeit noch mindestens bis Anfang Juli. Dann könnte man die Saison verlängern, im Juli/August die Saison beenden und nach kurzer Pause Ende September wieder, vielleicht sogar mit Zuschauern, neu starten.

Aber sicher ist das alles nicht. Vielleicht gibt es im Jahre 2020 nach fast hundert Jahren wieder einmal keinen Deutschen Meister (von den Kriegs- und Nachkriegsjahren 1945 bis 1947 mal abgesehen): 1922 gab es nach zwei unentschieden endenden Endspielen zwischen dem HSV und dem 1. FC Nürnberg mit endlosen Verlängerungen bei mörderischer Hitze (Elfmeterschießen war unbekannt) keinen Meister, weil der HSV, dem der Titel zugesprochen wurde, letztlich auf die Meisterschaft verzichtete. Wie schön wäre es, wenn die Bayern nur einmal so nobel sein könnten…

Entscheidende Wochen

Interimstrainer Alexander Nouri liegt voll im Soll: Drei Punkte nach zwei Spielen bedeuten 1,5 Punkte pro Spiel, was hochgerechnet auf eine ganze Saison 51 Punkte ergäbe. Wenn man denn im Fußball so rechnen könnte. Kann man aber, wie alle wissen, nicht. Denn wenn heute in Düsseldorf und selbstverständlich nächste Woche gegen Werder (die wahrscheinlich in Berlin ihre Aufholjagd beginnen werden) verloren wird, sieht der Schnitt mit drei Zählern aus vier Spielen mit 0,75 (also ca. 26 pro Saison) schon ganz anders aus. Und entspräche in etwa den derzeitigen Leistungen Herthas auf dem grünen Rasen, nämlich denen eines Absteigers.

Aber man darf die Hoffnung nicht aufgeben! Vielleicht gelingt ja in Düsseldorf das, was in Paderborn schon mal gelungen ist: Eine konzentrierte, kompakte Leistung zu bringen. Die Spieler wissen alle, dass sie zu liefern haben. Und eventuell wurde in der Videoanalyse angesprochen, dass ein Mittelstädt zweimal dreißig Meter hinter seinem Gegenspieler herhechelte, ohne den folgenden Einschlag noch verhindern zu können. Oder dass ein Wolf bestimmt zwanzig Fehlpässe spielte, oder, oder, oder…

Wir wollen nicht annehmen, dass an den unsäglichen Klinsmann-Papers mehr als die Rechtschreibung stimmt. Denn wenn in den letzten Jahren wirklich so schlecht gearbeitet worden wäre, fände sich Hertha mittlerweile in der Regionalliga wieder. Den Gegenbeweis müssen die Spieler aber noch erbringen, was eigentlich als Motivation ausreichen dürfte. Ein erwachsener Mensch kann sich von dem plumpen Versuch, ein Ablenkungsmanöver vom eigenen menschlichen Versagen (nicht dem sportlichen!) zu starten, normalerweise nicht irritieren lassen. Dass sich Klinsmann, der offensichtlich unter Geldmangel leidet (erst seine absurden finanziellen Forderungen als Trainer und jetzt der Verkauf von Schmutz an die Bild-Zeitung), immer tiefer in den Sumpf hineinstrampelt, kann man nur schadenfroh zur Kenntnis nehmen. Und Klinsmanns Sumpf besteht nicht aus Milch, die wie bei dem strampelnden Frosch dann zu Butter wird. Fast kann man schon Mitleid haben…

Wirklich ein vierter Trainer?

Die Hertha-Mannschaft hat gegen Köln so gespielt, als wollte sie uns sagen, dass sie gerne einen anderen Trainer hätte. Natürlich, beim Fußball ist mehr als in vielen anderen Sportarten die Tagesform entscheidend und, wie wir seit Pal Dardais Zeiten wissen, zu 30 % das Glück. Aber so neben den Stiefeln zu stehen, wie am letzten Sonnabend, ist eigentlich durch Form und Pech alleine nicht erklärbar. In der 57 Jahre andauernden Hertha-Bundesliga-Geschichte (kleinere Unterbrechungen übersehen wir mal großzügig), gab es nur zwei Heimspiele, die fürchterlicher waren als das 0:5 gegen Köln, nämlich 2012 ein 0:6 gegen Bayern München und 1980 ebenfalls ein 0:6 gegen den Hamburger SV. Das waren aber zwei Mannschaften der Spitzenklasse, was man vom Aufsteiger 1.FC Köln gewiss nicht behaupten kann. Bayern und der HSV wurden in diesen Jahren jeweils Vizemeister und Hertha stieg in beiden Spielzeiten ab.

Soll nun also ein neuer Trainer für die letzten zwölf Spiele verpflichtet werden? Wenn man die Leistung der Spieler im Köln-Spiel als Maßstab nimmt: selbstverständlich.  Andererseits traten die Herthaner in Paderborn ganz ansprechend auf. Und soll wirklich ein vierter Trainer in der Saison nach Ante Covic, Jürgen “good-bye“ Klinsmann und Alex Nouri verpflichtet werden?

Auch hier kann ein Blick in die Vergangenheit vielleicht für Klarheit sorgen:

1990/91 durften Werner Fuchs, Pal Csernai, Peter Neururer und Karsten Heine versuchen, den Abstieg zu vermeiden. Als Tabellenletzter ging das daneben. Und 2011/12 haben Markus Babbel, Michael Skibbe, René Tretschok/Ante Covic und Otto Rehhagel zwar den 16. Platz und damit die Relegation erreicht, diese aber gegen Düsseldorf verdaddelt, wenn auch unter dubiosen äußeren Umständen. Selbst mit drei Trainern ist Hertha schlecht gefahren: Kuno Klötzer, Hans Eder und Helmut Kronsbein konnten 1980 den Abstieg nicht verhindern und 1986 schafften es Uwe Kliemann, Rudi Gutendorf und Jürgen Sundermann sogar, Hertha zwei Urlaubsjahre in der Amateuroberliga Berlin zu bescheren.

Wenn aus der Geschichte zu lernen, siegen zu lernen heißt, ist schon der dritte Trainer einer zu viel. Wenn Hertha in Düsseldorf verliert, wird dem Sportvorstand Preetz aber nichts anderes übrig bleiben, als zu handeln und einen Feuerwehrmann zu holen, um den Abstieg zu verhindern. Noch läuft man ja nicht, wie Bremen, dem Feld mit Abstand hinterher, sondern man hat noch einen Vorsprung. Wenn nach einer Niederlage in Düsseldorf der vierte Trainer kommt, sollte man ihn aber vielleicht von vorneherein nur für sechs Spiele verpflichten. Ein fünfter Trainer für die letzten Partien dieser Saison wäre dann mal Neuland und wer weiß, vielleicht wären das ja die 30 % Glück, die man braucht…

Kann Hertha Kölns Dilemma ausnutzen?

Der 1.FC Köln hat eine erstaunliche Serie hingelegt. Seit dem Trainerwechsel von Beierlorzer zu Gisdol läuft die Punktemaschine wie geschmiert: Nach 12 Spielen standen 7 Pünktchen zu Buche, jetzt nach 21 Begegnungen (das Spiel gegen Gladbach fiel ja aus) haben sie 23 Zähler auf dem Konto. 16 Punkte in 9 spielen, das ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Und gerade jetzt funkt ihnen die rheinische Folklore in Form des Karnevals dazwischen.

Es gibt ja für alle nur vorstellbaren Vorkommnisse im Fußball Datenbanken, die uns z.B. erklären, welcher Verein am meisten Einwürfe in der Anfangsviertelstunde auf der linken hinteren Außenbahn direkt zum Gegner wirft oder welcher Spieler sich am seltensten in Auswärtsspielen vom gegnerischen Torwart tunneln lässt. Aber gibt es verlässliche Aussagen über die Leistungen des 1.FC Köln kurz vor, während und nach der närrischen Zeit? Vom gesunden Menschenverstand her müssten sich die Ergebnisse in den letzten dreißig Jahren nach dem Bosmann-Urteil und der totalen Globalisierung der Bundesliga eigentlich verbessert haben, denn was interessiert einen Schweden oder einen Japaner schon der Karneval? Andererseits wird ja immer so viel Wert auf Integration der Spieler gelegt und wenn die Brasilianer nach fünf Jahren in Deutschland auch außer Tor, Bier und Trainer der deutschen Sprache nicht allzu mächtig sind, fallen die Defizite im Feiersektor in der Regel deutlich geringer aus. Selbst Littbarski und Icke Häßler sollen ja richtige Karnevals-Größen gewesen sein, was nicht auf körperliche Gegebenheiten zurückzuführen sein kann. Also, egal woher, egal welcher Charakter, egal welcher Tabellenstand: Karneval in Köln heißt feiern, saufen, ausnüchtern und dann geht alles wieder von vorne los.

Leider findet die Begegnung Hertha BSC gegen den 1. FC Köln schon kurz vor Beginn der Karnevalszeit statt. Die Ermüdungserscheinungen sind vielleicht noch nicht sehr stark ausgeprägt, im Gegenteil, die stimulierende Wirkung des Alkohols sollte nicht unterschätzt werden. Also muss Hertha erst mal sicher stehen, den Gegner viel laufen lassen und wenn der erste aus der Weiberfastnacht herrührende Kater doch Wirkung zeigt, gnadenlos zuschlagen und die drei, vier standesgemäßen Tore schießen. So, wie beim Hinspiel im September, wo Ibisevic kam, sah und einnetzte. Eigentlich eine totsichere Taktik. Damit kann man im nächsten Jahr wirklich Europa ins Visier nehmen.

Wenn Hertha das zweite von fünf Sechs-Punkte-Spielen gewönne, kann Preetz beruhigt für die neue Saison planen. Es sei denn, Herr Windhorst schlägt Matthäus oder Effenberg als neuen Fußballfachmann vor…

Arne Maier und seine Einsatzzeiten

Arne Maier, seit früher Jugend bei Hertha BSC spielend und eines der größten Talente im deutschen Fußball bittet den Verein um die vorzeitige Freigabe.

Warum?

Weil er nicht genug Einsatzzeiten bekommt.

Da fällt dem geneigten Beobachter doch die Kinnlade runter!

Arne Maier hatte in den letzten drei Spielzeiten 42 Einsätze, mit stets steigender Tendenz, in der Saison 18/19 spielte er 24 mal, davon 18 Begegnungen über die gesamte Spielzeit. Und das trotz einiger Wehwehchen und Verletzungen gegen Ende der Saison. Zu Beginn der derzeitigen Saison verletzte er sich schwer am Knie und als er gerade fit war, zog er sich in der Winterpause wieder eine Blessur zu, die zum Glück nicht allzu schwerwiegend war. Alles in allem fiel der gute Arne ein halbes Jahr verletzungsbedingt aus. Wie er unter diesen Umständen auf Einsatzzeiten kommen sollte, kann wohl nur er selber beantworten. Vielleicht beim neuen „walking-Fußball“, der aber mehr für die Generation 60+ gedacht ist. Zumindest nicht in der Bundesliga, wo manchmal so etwas wie Leistungssport betrieben wird.

Offensichtlich hat Arne Maier Angst, sich im Mittelfeld erstmal hinten anstellen zu müssen. Da gibt es Grujic, Darida, Skjelbred und neuerdings auch Ascacibar. Fünf Spieler für zwei bis drei Positionen stellen eigentlich keinen unzumutbaren Konkurrenzdruck dar, wenn man den Anspruch hat über kurz oder lang in der Nationalmannschaft zu spielen. Und auch wenn im Sommer der Franzose Lucas Tousart zum Kader stößt: Ob Grujic bleibt ist unklar, Skjelbred spielt zwar die beste Saison seines Lebens, aber er wird auch nicht jünger und ist schon über 30 und ob Duda zurückkehrt, ist überhaupt nicht sicher, außerdem ist er als Zehner eher kein Konkurrent für Maier.

Fazit: Maier wird gebraucht.

Also: Dem jungen Mann mal erklären, was das Wort „Durchsetzungsvermögen“ bedeutet und genau das machen, was Manager Preetz offenbar zeigt: „Freigabe verweigern – arbeiten gehen – ab auf den Trainingsplatz!“