Aus der Not eine Tugend machen: Diesen Wahlspruch hat Herthas Sportvorstand Michael Preetz offenbar perfekt verinnerlicht. Die Finanzlage des Vereins ist immer noch schwierig. Während zu Hoeness’ Zeiten mit waghalsigen Finanzierungsmodellen bzw. mit dem Verkaufen der Zukunft, indem die noch gar nicht generierten möglichen Gewinne der Zukunft schon mal in der Gegenwart verbraten wurden, Spieler auf gut Glück verpflichtet wurden (was natürlich langfristig schief ging und den Verein fast in den Ruin getrieben hätte) hält sich Preetz auf dem aus den Fugen gehenden Transfermarkt wohltuend zurück. Drei Spieler wurden verpflichtet, keiner davon war bisher in der Startelf. Duda noch verletzt, Allan Souza noch nicht soweit, Lustenberger, Stark oder Skjelbred ersetzen zu können und Esswein nur zweimal als Joker eingewechselt. Das ist zwar vielleicht schon etwas zuviel der Kontinuität, die sich die Anhänger in einer Zeit wünschen, in der bei nicht wenigen Vereinen bis hinab in die unteren Amateurligen jede Saison 15 neue Spieler kommen und siebzehn gehen, aber es ist offensichtlich erfolgreich. Von fünf Pflichtspielen wurden vier gewonnen (nur das verdammte eine Gegentor zuviel gegen Bröndby stört in dieser Bilanz) und Hertha hat den historischen Zwei-Siege-Bundesligastart wahrgemacht. Wer von leichten Gegnern spricht: Freiburg hat Champions-League-Teilnehmer Gladbach immerhin gerade aus dem Dreisamstadion gefegt und Ingolstadt hatte 2016 zuhause bisher nur gegen Bayern verloren. Früher wäre die BZ am Montag blau-weiß-gestreift erschienen und beim nächsten Spiel gegen die Gelsenkirchener Freunde wären ins Olympiastadion 85.000 Zuschauer gekommen (um sich dann todsicher eine vernichtende Niederlage anzusehen). Ob heute irgendein noch schlafender Hund hinter dem Ofen hervorgelockt wird, um den Tabellenzweiten Hertha gegen den Tabellenletzten oder -vorletzten Schalke zu sehen, wird man sehen. Die üblichen 50.000 plusminus 10 % werden sicher im Stadion sein… Preetz überbot sich auf der letzten Pressekonferenz leider wie so oft im Absondern von Binsenweisheiten („Es ist wichtig, in welche Richtung der Ball rollt“, „Die Rahmenbedingungen für ambitionierte Ziele müssen verbessert werden“ oder „Die Fehlerkultur muss bei Hertha gelebt werden“) ohne jedoch konkret zu benennen, wie er den von ihm angestrebten Zuschauerschnitt von 60.000 denn nun erreichen will. Man kann die Menschen, die aus Deutschland und aller Welt nach Berlin ziehen ja nicht ins Stadion prügeln. Und der sportliche Erfolg (siehe Vorjahr) scheint keine Rolle mehr zu spielen. Wenn Preetz’ Maßnahmen die Zuschauerzahl betreffend zum Erfolg führen, kann er nach jetzt 20 Jahren bei Hertha getrost sein 30-jähriges Jubiläum anpeilen…